Der „Goldene Rebstock“ ist ein absolutes Traditionslokal in Biberach: Seit über 150 Jahren wird in der Consulentengasse 9 eingekehrt. Wie viele Liter Wein und Bier mögen wohl in dieser Zeit über den Tresen gegangen sein? Wie viele Paare fanden sich zwischen Gaststube und Garten? Wie viele hitzige Debatten gab es am Stammtisch? Wir wissen es nicht, dafür aber umso mehr über unsere beachtliche Geschichte.
„In jedem Anfang liegt die Ewigkeit.“
Hugo von Hofmannsthal
Wie alles Begann
Wir schreiben das Jahr 1861, als der „Rebstock“ geboren wird. Johannes Güttler, im Hauptberuf Küfer, richtete die Wirtschaft „Zum Goldenen Rebstock“ in den historischen Gemäuern in der Consulentengasse 9 erstmals ein. Er hatte zuvor schon nebenberuflich in Biberach gewirtet. Das Gebäude wurde erstmals im Jahr 1547 erwähnt.
1900 eröffnete Eugen Hörnle eine Weinhandlung mit Probierstube, die sich bald zum Weinlokal wandelte: zum „Goldenen Rebstock“. Hörnle, der in der elterlichen Hecht-Brauerei das Bierbrauen gelernt hatte, soll gesagt haben: „Bier macha, des kann i scho, no wer i au en Wei nabrenga.“
Seine Frau, die Oberlehrerstochter Anna Beck, hatte als Mitgift in die Ehe die Bestuhlung der Wirtschaft eingebracht. Jene Bänke und Tische, passgenau nach Maß gezimmert, stehen noch heute im „Rebstock“ und tragen zur urigen Gemütlichkeit bei.
„Der wein gibt Witz und stärkt den Magen.“
Christoph Martin Wieland
Eine neue Ära
Ein besonderes Kapitel begann 1985. Nach fast drei Jahrzehnten dachten „Tina und Lena“, so nannten beinahe alle Gäste die damaligen Pächterinnen Katharina und Magdalena Baur, ans Aufhören. Das kam Erna Löcherbach zu Ohren und sie griff schließlich zu.
So wie die Schwestern „Tina und Lena“ den „Rebstock“ unnachahmlich prägten, genauso machte ihn Erna Löcherbach unverwechselbar. Unverwechselbar dank der belegten warmen Seele, dank der Nudelsuppe und dank „Grombiera ond Käs“, die man auch noch spät nachts erhält.
1999 übernahm Ihr Sohn, Rolf Löcherbach, den „Rebstock“. Er führte das Lokal bis zu seinem Tod auf seine Art genauso traditionell weiter. Whisky war seine Leidenschaft und das spiegelte sich auch im „Stecken“ wieder. Rolf Löcherbach baute sich eine beachtliche Sammlung auf und bot im „Whisky-Zimmer“ exklusive Proben an. Während Schützen bildeten sich lange Schlangen vor der Küche und vor dem Ausschank. Jeder wollte eine original Stecken-Seele oder eine Melonenbowle ergattern.
„Der Wein erfindet nichts, er schwatzts nur aus.“
Friedrich von Schiller
Die Tradition lebt weiter
Die Geräusche von Meißel und Hammer während der Sommer- und Herbstmonate 2022 läuteten ein neues Kapitel ein: Claudia Fetscher eröffnete die Weinstube im Dezember wieder. Das ehemalige „Whisky-Zimmer“ ist nun ein Weinstübchen, das für Geburtstage, kleine Feiern, Gruppentreffen und weitere geschlossene Gesellschaften genutzt werden kann.
Manches hat sich verändert, vieles ist geblieben, wie zum Beispiel die über 100 Jahre alten Bänke und Tische in der Gaststube, die Wall of Ranzengarde und natürlich die besondere urige Atmosphäre. Neues wagen, Tradition bewahren – unter diesem Leitgedanken entwickelt Claudia Fetscher mit ihrem Team den „Rebstock“ weiter.